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31.05.2022

GEV: Glaubwürdigkeit seit 25 Jahren

Firmeninfos
Der Bodenhandwerker kennt ihn gut: Seit 1997 kennzeichnet der Emicode solche Bauprodukte, die nur sehr wenige Schadstoffe an die Raumluft abgeben (Emissionen). Die Branche verdankt dieses wichtige Siegel der Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte (GEV). Der Emicode zeichnet derzeit mehr als 11.300 Produkte für den Innenraum als sehr emissionsarm aus. Auch die GEV ist seit ihrer Gründung stetig gewachsen: Mittlerweile zählt sie 176 Mitgliedsunternehmen aus 22 Ländern weltweit – knapp die Hälfte stammt aus Deutschland. Die Mitgliederversammlung am 1. und 2. Juni 2022 auf dem Landgut Stober nutzte die GEV-Spitze, um das 25-jährige Bestehen gebührend zu feiern. Zudem wurde das große Zukunftsthema Nachhaltigkeit in Fachvorträgen und Workshops (Details siehe unten) umfassend beleuchtet. „Ist Nachhaltigkeit ein Thema für die GEV oder sollten wir uns weiter auf Emissionen aus Bauprodukten beschränken“, brachte der GEV-Vorsitzende Stefan Neuberger das Kernanliegen der zweitägigen Veranstaltung in Brandenburg auf den Punkt.

Eingangs stellte der GEV-Geschäftsführer Klaus Winkels die drei Dimensionen von Nachhaltigkeit vor: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Der Emicode zahle bereits jetzt in alle drei Bereiche ein, führte Winkels aus. In dem Segment „Umwelt“ punkten Emicode-zertifizierte Produkte vor allem mit geringen Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) – und das bei Produktion, Verarbeitung und Nutzung. Dank dieser geringen Schadstoffabsonderungen tragen sie zu einem verbesserten Arbeitsschutz bei und ermöglichen „eine bestmögliche Innenraumluft-Qualität für den Gesundheitsschutz und die Zufriedenheit der Raumnutzer“, sagte Winkels als es um den Bereich „Soziales“ ging. Beim Aspekt „Unternehmensführung“ fördern Emicode-Produkte die Wertsteigerung und den Werterhalt eines Gebäudes durch zertifiziertes, nachhaltiges Bauen.

Strenge und transparente Kriterien verhindern Greenwashing

„Klare Einstufungs- und Kommunikationsregeln vermeiden Greenwashing“, betonte GEV-Geschäftsführer Winkels. Mit dem abwertenden Begriff „Greenwashing“ (auf deutsch sinngemäß: Grünfärberei) werden öffentlichkeitswirksame Maßnahmen von Unternehmen bezeichnet, um sich selbst ein besonders umweltfreundliches Image zu geben, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt. Dieser Gefahr begegne der Emicode durch die Unabhängigkeit der zuständigen Prüflabore, regelmäßige Stichprobenkontrollen der zertifizierten Bauprodukte sowie die Ringversuche, bei denen die Qualität der Prüflabore untersucht wird, sagte Winkels und betonte: „Emicode-zertifizierte Produkte leisten in jeder Phase des Lebenszyklus eines Gebäudes einen positiven Beitrag.“

Hanspeter Bressa, Brand Development Manager bei Uzin Utz und Mitglied des GEV-Beirats für Öffentlichkeitsarbeit, führte aus: „Der Emicode ist vor 25 Jahren entstanden – eine Idee, die bis heute wirkt und aktueller ist denn je.“ Zum Thema Nachhaltigkeit sagte Bressa: „Der Druck von Seiten der Verbraucher nimmt zu.“ 78 % der Endkunden halten Nachhaltigkeit für wichtig und wollen nachhaltig leben, 66 % ist Nachhaltigkeit vor allem beim Bauen ein großes Anliegen, berichtete Bressa und zitierte aus einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners. Demnach sei Nachhaltigkeit vor allem für die jüngere Generation wichtiger als für die ältere – jüngere Endkunden seien vielfach auch bereit, den höheren Kaufpreis bei nachhaltigen Produkten zu zahlen. 88 % der Kunden achten laut besagter Studie zudem auf Umweltzeichen. „Logos helfen dem Verbraucher bei der Orientierung. Der Emicode ist ein faktenbezogenes Logo – er ist transparent und nachvollziehbar. Er lässt kein Greenwashig zu“, sagte Bressa. Es sei für die Glaubwürdigkeit eines Verbandes entscheidend, beim Thema Nachhaltigkeit transparent und ehrlich zu sein. „Der Emicode ist ein unglaubliches Pfund. Sein Ansatz ist zukunftsfähig und zukunftsweisend.“ Aber: Der Emicode allein löse nicht alle relevanten Aspekte einer nachhaltigen Zukunft von Baustoffen, meinte Bressa. „Wie also entwickeln wir als Branche dieses wertvolle Konzept Emicode weiter?“, fragte er abschließend als Impuls an die Anwesenden.

Referenten geben Überblick in Sachen Nachhaltigkeit

Nachdem der erste Tag der Mitgliederversammlung auf Gut Stober mit einem gemütlichen Abendessen mit reichlich Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch und Netzwerken ausklang, widmeten sich die rund 80 Anwesenden am Folgetag intensiv dem Thema Nachhaltigkeit. „Wir möchten Ihnen Klarheit verschaffen. Dieser Tag ist mit Blick auf die Zukunft ausgerichtet“, erklärte der GEV-Vorsitzende Stefan Neuberger eingangs eingangs an die Adresse der Teilnehmer gerichtet. Die Kernfrage laute dabei: „Was ist Nachhaltigkeit und eignet sie sich als neues Thema für die GEV?“

Geschäftsführer Klaus Winkels erläuterte in seiner Einführung, dass Nachhaltigkeit zu einem modernen, ideologischen Begriff für „das Gute“ bzw. „gutes Wirtschaften“ geworden sei. „Nachhaltig“ bedeute im Prinzip, nicht nur den Erfolg im Moment zu betrachten, sondern auch die weiteren Auswirkungen und Anreize. „Damit einher geht eine Erweiterung, die viele Facetten hat und extrem komplex ist“, führte Winkels aus. Es sei zu prüfen, ob der Emicode als Blaupause für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Bauprodukten funktioniere. Viele Aspekte der Nachhaltigkeit entscheiden sich aber nicht auf Produkt-, sondern auf System- oder Gebäudeebene, betonte Winkels. Sechs Referenten stellten anschließend den Anwesenden die verschiedenen Aspekte und Herausforderungen beim Thema Nachhaltigkeit vor.

Lukas Kölln, Nachhaltigkeitsreferent des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), präsentierte unter dem Motto „Nachhaltigkeit wird Gesetz“, vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Unternehmen nachhaltig agieren sollen. „Es gibt eine zunehmende Verrechtlichung im Bereich Nachhaltigkeit“, sagte Kölln und nannte dafür Beispiele wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Sustainable Finance), das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die EU-Taxonomie (Einstufung von Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig). Als wichtigen Akteur der Branche nannte Kölln die seit Frühjahr 2013 bestehende Chemie3-Nachhaltigkeitsallianz (www.chemiehoch3.de). Deren Träger sind der VCI, die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) sowie der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC). Das Ziel: „Nachhaltigkeit als Leitbild in der Branche verankern“, führte Kölln aus. Kern von Chemie3 sind die „12 Leitlinien zur Nachhaltigkeit für die chemische Industrie in Deutschland“. Die Allianz biete für die Branche zahlreiche Unterstützungsangebote: Webinar-Reihen, Pilotprojekte/Workshops, Leitfäden/Tools, einen Nachhaltigkeits-Check sowie Fachveranstaltungen.

Martin Glöckner, Geschäftsführer des Branchenverbands Deutsche Bauchemie, gab einen Ausblick auf die kommende EU-Bauproduktenverordnung. Diese lege einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit und Green-Deal-Themen: So werden etwa Ökobilanzindikatoren wie Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) verbindlich. Von den Herstellern werden zusätzliche Umweltverpflichtungen verlangt. Um Bauprodukte künftig überhaupt in den Verkehr bringen zu können, müssen die Unternehmen die Anforderungen der neuen Norm erfüllen. Glöckner nannte sie daher „die wichtigste europäische Produktenregelegung“. Mit der Einführung der neuen EU-Bauproduktenverordnung sei wohl im Jahr 2024 oder 2025 zu rechnen. „Die Förderung von Lebenszyklusanalyse und Ökobilanzdaten ist notwendig, aber nur mit einem umsetzbaren und kosteneffizienten Ansatz. Überzogene Produktanforderungen würden erschwingliche Produkte bedrohen“, betonte der Referent. Seine Forderung lautete daher: „Um ein ausgewogenes und angemessenes europäisches Anforderungsniveau zu gewährleisten, ist eine detaillierte Überprüfung der Ermächtigung der EU-Kommission für delegierte Rechtsakte erforderlich. Die Beteiligung der Industrie und der Mitgliedstaaten muss gewährleistet sein, um das erforderliche Fachwissen einfließen zu lassen.“ Glöckner kritisierte dabei den mittlerweile entstandenen Rückstau bei der Veröffentlichung harmonisierter Normen im EU-Amtsblatt.

Emicode spielt wichtige Rolle bei DGNB, LEED und BREEAM

In den vergangenen Jahren wurde die Emicode-Einstufung von Bauprodukten für die Gebäudezertifizierungs-Systeme DGNB, LEED und BREEAM immer wichtiger, da die Emissionsqualität ein wichtiger Baustein der Nachhaltigkeit von Gebäuden ist. Thomas Kraubitz, Director und Head of Sustainability & Climate Europe beim Büro Happold, gab einen Überblick über die Qualitätssicherung und Zertifizierung nach der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Der Referent ist Mitinitiator, Mitbegründer und Mitglied des DGNB-Präsidiums. Bei den Gebäudezertifizierungssystemen sei die DGNB mit einem Marktanteil von rund 75 % in Deutschland führend. Durch große DGNB-Siegel, die an dem jeweiligen ausgezeichneten Gebäude angebracht werden, werde Nachhaltigkeit sichtbar. Wichtig: Das DGNB-Label gilt nur für Gebäude und Quartiere – nicht für einzelne Bauprodukte. „Der Emicode ist ein Nachweis im DGNB-System“, erläuterte Kraubitz: Im DGNB-Kriterium ENV 1.2 „Risiken für die lokale Umwelt“ werden für Verlegewerkstoffe und Hilfsstoffe zur Belegung von Oberflächen sowie für Dichtstoffe und Klebstoffe (je nach Anwendungsgebiet) der Emicode zur Erreichung der höheren bzw. höchsten Qualitätsstufen als Nachweis gefordert. Als wichtigen digitalen Helfer für Planer stellte Referent Kraubitz den DGNB Navigator (www.dgnb-navigator.de) vor: Auf dieser Plattform sind Materialien und Produkte zu finden, die die DGNB-Anforderungen an nachhaltiges Bauen erfüllen. Die Produktdatenbank erleichtere dank vieler Filtermöglichkeiten die Suche.

Ergänzend dazu stellte Thomas Neuhaus, Business Development Manager Bauprodukte bei Eurofins Product Testing die Gebäudezertifizierung nach LEED und BREEAM genauer vor. Auch diese beiden Systeme zeichnen wie das DGNB-Label keine Produkte aus, sondern immer ganze Gebäude. Sie stellen Anforderungen z. B. an dessen Ökobilanz oder Energieverbrauch. Ein Punktesystem ermöglicht die Einteilung in Kategorien (z. B. Silber, Gold und Platin). „Die Bedeutung von Gebäudezertifizierungen nimmt weltweit zu“, sagte Neuhaus. Das Label LEED steht für „Leadership in Energy and Environmental Design“ und hat seinen Ursprung im US Green Building Council. Seit 1998 sind damit weltweit rund 140.000 Projekte ausgezeichnet: ca. 75 % in den USA und rund 5 % in Europa. In Deutschland sind etwa 800 Projekte LEED-zertifiziert (Stand März 2022).

Das Label BREEAM bedeutet „Building Research Establishment Environmental Assessment Method“ und stammt aus Großbritannien. Eingeführt wurde es 1990 und kennzeichnet mittlerweile weltweit rund 30.000 Projekte. Etwa die Hälfte davon befinden sich im Vereinigten Königreich, mehr als 45 % im übrigen Europa. Rund 500 BREEAM-zertifizierte Projekte gibt es in Deutschland (Stand März 2022). Zusammenfassend ist der Emicode der GEV anerkannt für Emissionsanforderungen nach LEED und BREEAM. Er wird zudem herangezogen für Emissionsanforderungen nach DGNB für Verlegewerkstoffe, Verlegehilfsstoffe, Dichtstoffe, Montageklebstoffe und -schäume. „Die Emicode-Zertifizierung vereinfacht die Zusammenarbeit zwischen den Marktteilnehmern“, fasste Referent Neuhaus zusammen. Die GEV befinde sich im steten Austausch mit LEED, BREEAM und der DGNB, um sicherzustellen, dass die relevanten Anforderungen durch den Emicode abgedeckt werden. Herstellern und Anwendern soll damit ein einfaches Werkzeug angeboten werden, um eine LEED-, BREEAM- und DGNB-Einhaltung nachzuweisen.

EPDs zur Kommunikation des ökologischen Rucksacks

Dr. Alexander Röder, Geschäftsführer des Instituts Bauen und Umwelt (IBU), sprach über die „Kommunikation des ökologischen Rucksacks“. Sein Co-Referent Dr. Heinz Werner Lucas von HWL Consulting war digital zugeschaltet. Mit dem „ökologischen Rucksack“ werden vor allem Umweltbelastung im weiteren Sinne über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes bezeichnet: z. B. Emissionen, Ressourcenverbrauch und Abfallerzeugung. Als „Königsweg“ bei der Kommunikation des ökologischen Rucksacks für Bauprodukte nannte Dr. Röder die Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs). Diese erfassen laut Referent systematisch alle wichtigen und quantifizierbaren Umweltwirkungen. Sie werden von einem unabhängigen Verifizierer überprüft und stellen die Ergebnisse in einer Tabelle zusammen. „Sie sind Grundlage für die Ökobilanzierung von Gebäuden. Eine EPD beschreibt die verschiedenen Lebenszyklussegmente eines Produkts.“ Dr. Röder stellte in diesem Zusammenhang die Muster-EPDs als Speziallösung für Klebstoffe, Dichtstoffe und bauchemische Produkte vor. Diese stehen u. a. für die Mitglieder des Industrieverbands Klebstoffe (IVK) sowie des europäischen Klebstoffverbands FEICA zur Verfügung. Diese Muster-EPDs werden im Programm des Instituts Bauen und Umwelt (IBU) erstellt – einschließlich Verifizierung.

Dr. Edmund Vankann, Geschäftsführer der Gemeinschaft umweltfreundlicher Teppichboden (GUT), sprach zum Abschluss über das Thema „Kreislaufwirtschaft – Nicht nur eine wirtschaftliche Herausforderung“. Beim Standardmodell einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft wird das Produkt am Ende seiner Nutzungsdauer ausgebaut und recycelt. Das beim Recycling entstandene Material, das Rezyklat, wandert zurück in den Produktionsprozess, um wieder ein neues Ursprungsprodukt herzustellen. So sollen Abfallmengen und Rohstoffverbrauch reduziert werden. Dr. Vankann machte eingangs aber gleich deutlich: „Das Standardmodell der Kreislaufwirtschaft ist ein Wunschdenken. Es gibt Produkte bei denen man den Rezyklatanteil nicht erhöhen kann. Ich kann nicht aus einem alten Bodenbelagsklebstoff wieder einen neuen herstellen.“ Vielmehr sei es notwendig, sich über die Materialumwandlung von Produkten Gedanken zu machen: Solche produktübergreifenden Materialpools machte Dr. Vankann am Beispiel von Polyvinylbutyral (PVB) deutlich. Dieses wird als Vorstrich und Kaschierkleber verwendet – etwa bei Windschutzscheiben im Auto, um zu verhindern, dass diese bei einem Unfall splittern. Beim Recyclingprozess werden Glasreste und PVB getrennt. Das recycelte PVB kann später bei der Produktion von Teppich-Latex oder Hot-Melt (Schmelzklebstoff) wiederverwendet werden – es kommt also in einem anderen Produkt zum Einsatz als im ursprünglichen.

„Nachhaltigkeit ist mehr als ein kleiner CO2-Fußabdruck“, fügte der Referent an – und kritisierte, dass vor allem der CO2-Fußabdruck des Produkts bei den erwähnten Umwelt-Produktdeklarationen im Mittelpunkt stehe. Er wies auf ein gravierendes Problem hin: Ein niedriger CO2-Fußbadruck könne im schlimmsten Fall die Lebensdauer eines Produktes reduzieren sowie zu geringer Materialstärke oder zu geringen mechanischer Festigkeit führen – weil ein hoher Rezyklatanteil nicht immer positiv für die angestrebte Funktionsweise des Produkts sei. „Durch erhöhten Rezyklatanteil kann das Recycling unwirtschaftlich werden, weil das Produkt am Lebensende zu wenig wertvolle Rohstoffe enthält.“ Wichtig sei daher die Einbindung von Aspekten wie: Lebenszeit des Produktes, Wiederverwertbarkeit, Energieverbrauch der Recyclingschritte sowie der ökologische Fußabdruck des Herstellers.

Workshop-Teilnehmer setzen sich mit Nachhaltigkeit auseinander

In vier jeweils einstündigen Workshops beschäftigten sich die GEV-Mitglieder mit Recycling, Produktkennzeichnung, der zukünftigen Verbandsarbeit sowie Nachhaltigkeit im Handwerk. Der letztgenannte Workshop wurde von Schreinermeister und Coach Udo Herrmann sowie Jürgen Schaal (Agentur Schaal Trostner) geleitet. Herrmann nannte eingangs erschreckende Zahlen aus einem aktuellen Bericht des Magazins Bauen aktuell: „Die Bauindustrie ist für 33 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen und für 52 % des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich.“ Aus diesen extremen Zahlen erwachse eine Verpflichtung für die Branche, sagte Herrmann. Er kritisierte, dass Rundhölzer teils um die ganze Welt verschifft werden, nur weil diese billiger seien als Holz aus heimischen Wäldern: „Produkte aus China überstehen manchmal nicht einmal den Gewährleistungszeitraum. Beim Gewinn ist das Denken meist sehr kurzfristig, die Auswirkungen aber langfristig.“ Nachhaltigkeit im Handwerk bedeute aber auch, Können und Arbeitsweisen an nachfolgende Generationen weiterzugeben – dies gelinge nur durch Ausbildung.

Jürgen Schaal sagte, dass die verschiedenen Umweltlabel Orientierung geben würden. Und Udo Herrmann konnte aus den Erfahrungen aus seinem Verlegebetrieb bestätigen, dass der Emicode ein Siegel sei, das großes Vertrauen beim Endkunden genieße. Diese würden immer häufiger nach der Herkunft der verschiedenen Produkte fragen: Werden diese klimafreundlich und fair produziert? Jürgen Schaal sprach von einem „ganz neuen Bewusstsein beim Endkunden“. Bei all den unterschiedlichen Umweltsiegeln, die heute existieren, wünschte sich Bodenhandwerker Udo Herrmann eines, das alle Aspekte der Nachhaltigkeit abdecke: Ist das Produkt klimaneutral, nachhaltig, wohngesund, ethisch sowie sozial produziert? „Solch ein Siegel würde den Kunden ein gutes Gefühl geben. Man müsste es flächendeckend bei den Bauherren bekannt machen.“ Herrmann hatte sogar schon den Entwurf eines solchen nachhaltigen Umweltzeichens mitgebracht. Als Ergebnis des Workshops nannte er: „Nachhaltigkeit braucht Kommunikation, weil man Nachhaltigkeit dem Produkt nicht ansehen kann. Der Kunde braucht Informationen als Grundlage für seine Entscheidung.“ Und: „Nachhaltigkeit ist eine Aufgabe, keine Lösung.“

Bei den übrigen Workshops wurde festgehalten, dass Verlegewerkstoffe das Recycling eines Bodenbelags vor allem nicht stören sollen. Auch der Wunsch nach einem einfachen Ampelsystem für eine Nachhaltigkeitsbewertung wurde diskutiert – ähnlich wie bei der bekannten Lebensmittel-Ampel, die leicht verständlich den Anteil an gesundheitsrelevanten Nährstoffen anzeigt. Doch die Sache ist komplex: Ein Produkt mit einem kleinen CO2-Fußabdruck und einem verhältnismäßig geringen Einsatz an wertvollen Rohstoffen könnte zwar ein grünes Ampelsignal bekommen, aber in puncto Haltbarkeit eine eher schlechte Wahl sein – und würde daher in der Gesamtbetrachtung auf Gebäudeebene wohl ein Rot erhalten. Die GEV wolle weiterhin eine produktbezogene Orientierung geben, hieß es.

Kernkompetenz der GEV liegt beim Thema Emissionen

Der GEV-Vorsitzende Stefan Neuberger zog auf der Pressekonferenz zum Abschluss der zweitägigen Mitgliederversammlung ein überaus positives Fazit: „Es war eine sehr schöne Veranstaltung – endlich wieder in Präsenz. Die Diskussion über Nachhaltigkeit war klar auf die Zukunft ausgerichtet. Das Thema beschäftigt uns alle.“ Ob und was aus der Veranstaltung entstehen soll, sei offen und werde nun in den Gremien der GEV und im Austausch mit anderen Verbänden diskutiert. In diesem Zusammenhang sei auch ein Pilotprojekt der GEV zur Recycelbarkeit von Klebstoffen zu erwähnen. „Unsere Kernkompetenz liegt beim Thema Emissionen – da haben wir seit 25 Jahren einen sehr guten Job gemacht“, betonte Stefan Neuberger.

Und GEV-Geschäftsführer Klaus Winkels ergänzte: „Wichtig ist, dass wir uns nicht überfordern. Es besteht sonst die Gefahr, ins Greenwashing abzurutschen. Den Emicode zeichnet vor allem seine Glaubwürdigkeit aus. Das wollen wir nicht für einen schnellen Erfolg aufs Spiel setzen.“ Es sei zudem wichtig, beim Thema Nachhaltigkeit weitere Fachverbände mit ins Boot zu holen – etwa die Deutsche Bauchemie oder den Verband der Chemischen Industrie. Winkels hob dabei den von Referent Lukas Kölln vorgestellten Nachhaltigkeits-Check der Allianz Chemie3 hervor.

Mit Blick auf die Zukunft wolle sich die GEV weiterhin auf bauchemische Produkte für den Innenraum konzentrieren, sagte die GEV-Spitze. Kürzlich konnten die Innenraumputze als neue Produktgruppe in die Emicode-Zertifizierung aufgenommen werden – als Ergebnis eines rund zweijährigen Prozesses. Bei den Klebstoffherstellern, die den Fachhandel beliefern, könne die GEV bereits jetzt mehr als 90 % der wichtigsten Akteure abdecken. „Der Emicode ist bei Klebstoffen Standard“, sagte Klaus Winkels zufrieden. Vor allem die Branchenteilnehmer aus Deutschland setzen stark auf den Emicode, aber auch in den Niederlanden und Italien sei das Umweltlabel sehr begehrt. „Auf die GEV kann man sich verlassen. Handwerk und Verbraucher vertrauen dem Emicode“, betonte Geschäftsführer Winkels abschließend.

GEV-Nachrichten im Überblick

Vorstand: Auf der Mitgliederversammlung in Nauen wurde bekannt, dass sich Werner Schwerdt (Sika Deutschland) von seinem Posten als GEV-Vorstandsmitglied zurückgezogen hat. Die GEV-Mitglieder wählten nun Stephan Bülle, Geschäftsführer Lugato und amtierender Vorsitzender des GEV-Beirats für Öffentlichkeitsarbeit, in den Vorstand. Bülle fehlte krankheitsbedingt auf der Mitgliederversammlung. Mit der Personalie soll die Bedeutung der Marketingarbeit innerhalb der GEV entsprechend hervorgehoben werden, erklärte GEV-Geschäftsführer Klaus Winkels. Das ehemalige Vorstandsmitglied Werner Schwerdt tritt zum 30. Juni 2022 seinen Ruhestand an.

Marketing: Stefanie König, Assistentin für Öffentlichkeitsarbeit bei der GEV, und Sven Dornhege (Sika Deutschland) vom Beirat für Öffentlichkeitsarbeit stellten den Anwesenden auf Gut Stober die neuen Marketinginstrumente der GEV vor. „Der Emicode ist der erfolgreiche Versuch, echte wohngesundheitliche Vorteile langfristig in Produkten und ganzen Industrien zu verankern – ohne Greenwashing“, betonte Stefanie König. Um dies besser kommunizieren zu können, stelle die GEV ihren Mitgliedern ein neues Baukasten-System für ihr jeweiliges Marketing zur Verfügung. Ziel sei eine wiedererkennbare Kommunikation rund um den Emicode nach innen und außen. Die in dem Baukasten enthaltenen mehr als 70 Lifestyle-Fotos können die Mitglieder für ihre Marketingzwecke nutzen – etwa für personalisierte Broschüren oder ihren Internetauftritt. Die Botschaft laute: „Der Emicode steht für emissionsarme Innenraumluft, Wohngesundheit und den Zusammenschluss einer ganzen Branche“, führte Stefanie König aus. Darauf ziele auch der Slogan der neuen Kampagne ab: „Durchatmen mit Emicode.“ Zudem soll künftig die Zusammenarbeit auf Marketingebene zwischen der GEV und den 176 Mitgliedsunternehmen vertieft werden.

Finanzen: Geschäftsführer Klaus Winkels sprach von einer „guten Finanzsituation“ der GEV, die ein eingetragener Verein ist. Im vergangenen Jahr sei ein „kleines Plus“ erzielt worden. Das meiste Geld der GEV fließe in die Emicode-Prüfungen und die Ringversuche, mit denen die Qualität der verschiedenen Prüflabore ermittelt wird.

Wer mehr über die Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte (GEV) und ihr Umweltsiegel Emicode erfahren möchte, dem sei das große GEV-Spezial von FussbodenTechnik empfohlen – vollständig zu lesen auf unserer Webseite www.fussboden.tech.

Von Sebastian Musolf

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 GEV: Glaubwürdigkeit seit 25 Jahren
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Der auf Gut Stober anwesende GEV-Vorstand: Dr. Frank Gahlmann (Stauf), Dr. Norbert Arnold (Uzin), Dr. Uwe Gruber (Mapei), Klaus Winkels (GEV-Geschäftsführer), Holger Sommer (PCI / Thomsit) und Stefan Neuberger (Pallmann und GEV-Vorsitzender).
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GEV-Geschaftsfuhrer Klaus Winkels und die Assistentin für Offentlichkeitsarbeit, Stefanie Konia, vor dem Plakat der neuen Marketing-Kampagne „Durchatmen mit Emicode“. Diese wurde auf der Mitgliederversammlung Anfang Juni 2022 vorgestellt
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Mehr als 80 Vertreter der GEV und ihrer Mitgliedsunternehmen waren zu der zweitägigen Veranstaltung in Brandenburg gekommen. Dort feierten sie das 25-jährige Bestehen der GEV und diskutierten über Nachhaltigkeit.
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Das Landgut Stober in Nauen wurde als als nachhaltigstes deutsches Tagungshotel 2012-2021 ausgezeichnet - dies passte sehr gut zum Themen-Schwerpunkt der GEV-Mitgliederversammlung 2022.
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Hanspeter Bressa (links) und Klaus Winkels betonten die Glaubwürdigkeit, für die der Emicode stehe.
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Sven Dornhege vom Beirat für Öffentlichkeitsarbeit und Stefanie König stellten die neuen Marketinginstrumente der GEV für ihre Mitglieder vor.
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Daniela Heusel und Bernd Lesker vom GEV-Mitglied Mapei beim Betrachten der Plakate der neuen Image-Kampagne der GEV.
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Mentaltrainer Ali Tasangil (rechts vorne) lud die Anwesenden zu einem Workshop ein, in dem er entspannende und gesundheitsfördernde Atemtechniken vermittelte.
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Die Teilnehmer nutzten die Jubiläumsfeier in Nauen für ihre Mitgliederversammlung und zum Gedankenaustausch - inklusive eines Grillabends.
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Der GEV-Vorsitzende Stefan Neuberger (Zweiter von rechts) im Gespräch beim gemütlichen Zusammensein am Abend des ersten Tages der Veranstaltung.
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Thomas Neuhaus (Mitte im hellen Hemd) vom Prüfinstitut Eurofins Product Testing sprach mit Dennis Heller (Lugato, links) und Wolfgang Kahlen (Berger-Seidle, rechts).
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Lukas Kölln (VCI)
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Martin Glöckner (Deutsche Bauchemie)
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Thomas Kraubitz (Büro Happold)
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Dr. Alexander Röder (IBU, links) und Dr. Heinz Werner Lucas (HWL Consulting)
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Dr. Edmund Vankann (GUT und ECRA)
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In vier Workshops sprachen die Anwesenden über Zukunftsthemen. Das Foto zeigt den Workshop „Nachhaltigkeit im Handwerk", der von Jürgen Schaal (Agentur Schaal Trostner) und Udo Herrmann (Schreinermeister und Coach) geleitet wurde
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Ein Nachhaltigkeits-Logo für alle Aspekte - so sieht der selbstgezeichnete Entwurf von Udo Herrmann aus.
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Der GEV-Vorsitzende Stefan Neuberger (rechts) verabschiedete das langjährige Vorstandsmitglied Werner Schwerdt (Sika Deutschland).

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